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Chiemgau / Wasserburger Zeitung – „Meine Krise heißt Mausi“

„Meine Krise heißt Mausi“: Maria Schells Tochter entdeckt unbekanntes Manuskript

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Blick ins private Fotoalbum:Marie Theres,genannt Mausi, auf dem Arm ihrer Mutter Maria Schell und an der Hand des Vaters Vait Relin. © Kroetz Relin

Retrospektive Maria Schell: Die Filmreihe begeistert in Prien und Wasserburg aktuell. Am Dienstag wird in Mike’s Kino der „Schinderhannes“ gezeigt. Prominenter Besuch ist mit Penny McLean, Wegbegleiterin der Familie Schell, vor Ort. Initiatorin ist Schells Tochter, Marie Theres Kroetz Relin.

Von Silvia Mischi

Prien/Wasserburg– Nach dem Auftakt am Sonntag steht am Dienstag, 21. Januar, ein besonderes Ereignis in Mike’s Kino in Prien im Rahmen der„Retrospektive Maria Schell“ bevor. Penny McLean wird vor dem Film „Schinderhannes“ ab 19.15 Uhr in Mike’s Kino ihr Buch und Bestseller „Gestorben ist noch lange nicht tot“ signieren. Mit dabei ist Maria Schells Tochter Marie Theres Kroetz Relin. Sie hat ganz besondere Erinnerungen und Verbindungen zu den Filmen und Weggefährten ihrer Eltern.

Blick in die Vitrine beschert große Überraschung

Gegenüber der Chiemgau-Zeitung schildert sie die Entdeckung eines unbekannten Manuskripts von Maria Schell: „Ich stand im Ausstellungsraum des Deutschen Filmmuseums Frankfurt starre in eine Vitrine und sah ein Manuskript meiner Mutter: ,Meine Krise heißt Mausi‘ stand mit Schreibmaschine auf den vergilbten Seiten geschrieben. Meine Krise heißt Mausi? Ich war total verwirrt. Mausi – das bin ich! Das war ich und bin es noch immer für den größten Teil der Familie. Dieser Spitzname, den mir ein Kindermädchen verpasst hat, klebte an mir wie Pech.

Denn: „Marie Theres ist zu umständlich, sagen alle. Dabei liebte ich meinen Namen, der aus der Oper ,Der Rosenkavalier‘ von Richard Strauss stammt. Und in einer Arie ertönt „Marie Theres Okatvian“ – ich kann meinen Vater diese Passage geradezu mit Inbrunst singen hören. Aber ich war und blieb „Das Mausi“. Obendrein sächlich! Als Kind wollte ich mich umbenennen und erklärte meinen Eltern, dass ich ab sofort Eva heißen würde. Drei Buchstaben, kein Anlass zur Verstümmelung“, erinnert sich Marie Theres Kroetz Relin heute lachend.

Ihre Nase klebte an dem Glas, ihr Erbe schlummerte ein paar Zentimeter entfernt von ihr, die Öffentlichkeit konnte sich daran ergötzen, nur sie selbst hatte keinen Zugriff. Verdrehte Welt. „Dieses Manuskript musste ich haben, aber es sollte fast ein Jahr vergehen, bis ich es in den Händen hielt“, schildert die Tochter ihr sehnsüchtiges Warten.

Es war ein liebenswürdiges Büchlein über die „Begegnungen mit den aufregendsten Männern der Welt“ und anderen Persönlichkeiten. „Und schon vor meiner Geburt ging’s bei mir sehr prominent zu“, weiß Marie Theres Kroetz Relin.

Hier ein Auszug aus dem unveröffentlichten Manuskript, datiert vom 22. September 1971, „Meine Krise heißt Mausi“ von Maria Schell:

„Ich sag Ihnen doch … die gnädige Frau ischt nicht da!“, schrie ich ungeduldig ins Telefon, indem ich mit unglaublichem Schweizer Akzent und verstellter Stimme mein eigenes Dienstmädchen spielte.

„Wissen Sie nicht, wo man sie erreichen kann?“

„Das weiß ich schon, aber ich darf’s nicht sagen!“

„Ach“, sagte die andere Stimme da traurig, „ich hätte sie so gerne gesprochen. Bitte bestellen sie ihr einen Gruß, sie soll sich bald melden. Mein Name ist Romy Schneider.“

„Romy!“, rief ich gerade noch, bevor sie einhängen konnte. „Warte … ich bins … Ja, verzeih mir, aber ich bin allein im Haus, draußen stehen die Reporter, das Telefon klingelt ununterbrochen, und oben am Tor steht seit Tagen ein Televisionswagen. Alle möchten wissen, wie es in meiner Seele aussieht, und ich weiß es selber nicht, außer, dass ich glücklich bin. Kannst du nicht kommen? Offiziell bin ich zwar verreist, einmal Skifahren, einmal bei meinem Bruder, immer woanders und unauffindbar. Aber in Wirklichkeit bin ich hier und halte mich verborgen vor einer Außenwelt, die mir nicht die Zeit lassen will, die ich brauche, um mein persönliches Leben in Ordnung zu bringen.“

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Romy, mit der mich seit meiner Jugend und ihrer Kinderzeit eine warme Freundschaft verbindet, konnte nicht nach Heberthal bei Wasserburg am Inn kommen. Aber andere Freunde kamen und schmuggelten sich in unser Haus, in dem offiziell niemand da war, außer einem doofen Sekretär und einem noch dümmeren Dienstmädchen. Das dumme Dienstmädchen war ich und der doofe Sekretär Veit Relin. Kamen jedoch nahe oder unvermeidliche Freunde, lag ich demonstrativ hübsch drapiert in einem Liegestuhl mit einer – man verzeihe mir die notwendige Lüge – bösen, sich leider länger hinziehenden Venenentzündung und mit einem Stapel Zeitungen und Büchern auf dem Bauch. Diese Dekoration sollte etwas verbergen, was sich nicht gerne verbergen ließ, denn MAUSI war ein lebhaftes Kind. Schien ihr die hohe Literatur zu schwer, gab sie ihr mit dem kleinsten aller Füßchen einen Tritt, dass das gesamt geistige Gut ins Wanken geriet und ihre Mutter ein kleines erschrecktes „Aua“ ausstieß, um sich anschließend für den schmerzenden Fuß bedauern zu lassen und viele gute Ratschläge für Wickel und Salben entgegenzunehmen.

[…] Als Mausi ausgewachsen war und zur Welt kommen wollte, lieh ich mir den Namen meiner Schwägerin, der Schwester von Veit, und zog als „Mrs. Opton“ in die Münchner Klinik zu meinem lieben Freund Prof. Fickentscher, der auch Oliver schon zu seinem ersten Schrei verholfen hatte.

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Alle schützen mich, halfen mir, hatten Verständnis für mich, aber Reporter sind nun einmal sehr aufmerksame Menschen und suchen so lange, bis sie einen „tollen Aufhänger“ für eine Geschichte, wie sie das nennen, gefunden haben. Ich sehe das durchaus ein. Das muss so sein. Sie müssen ja leben und sie müssen ihren Frauen vor allem beweisen, dass sie schwer arbeitende Männer sind. Und dafür habe ich Verständnis. Mir gefällt auch, wenn ein Mann arbeitet. Ich habe viele und äußerst interessante Freunde, die diesen schwierigen Beruf ausüben, und ich nehme ihnen im Allgemeinen nichts übel. Ich kenne die Sorgen und den täglichen Kampf, immer etwas Neues bringen zu müssen.

Aber manchmal tut es doch weh, wenn menschliche Belange dem Nachrichtencomputer zur Fütterung dienen müssen. Jedenfalls stand wenige Stunden nach der Geburt unserer Mausi, die immer noch Veits und mein Geheimnis war, ein solch lieber „Seelenschnüffler“ in der Klinik vor meinem Bett. Mit einem großen Blumenstrauß in der Hand, was von ihm eigentlich sehr freundlich war. Er erklärte mir, wenn ich ihm nicht die Exklusivrechte zur Veröffentlichung der Geburt unserer Tochter geben würde, so mache er das Ereignis zum Skandalösesten des Jahres.

Das konnte ich Mausi nicht zumuten. Er bekam sein Exklusivrecht, und so stand Mausi schon recht früh in der Zeitung.

[…] Nun haben Sie die Ursache, warum es eine Weile – scheinbar – still um mich geworden war. Nach Außen hin: Meine „Krise“ heißt MAUSI. Kinder kriegen braucht bekanntlich Zeit, und bis so ein kleines Menschlein wird, das dauert eben länger als Brot backen. Und wenn vieles auch schwer war und überwunden werden musste, so ist doch diese Mausi ein so süßes „Brötchen“ geworden, dass man täglich hineinbeißen möchte.

*

„Mausi hat sich mittlerweile gemausert und steht am Dienstagabend, 21. Januar, in Prien und Mittwochnachmittag in Wasserburg als Marie Theres mit Penny McLean, der Frau, die die Familie Schell wie ihre Westentasche kannte, auf der Bühne.

© Text Marie Theres Kroetz Relin, angepasst für Chiemgau / Wasserburger Zeitung / OVB von Silvia Mischi 21./ 22.02.2020