
Die wahren Farben der Maria Schell

Buch- und Hörbuchpremiere im Kultwerk des Immling-Festivals – Marie Theres Relin liest aus „Yes, we schell!“
Bad Endorf – Maria Schell war eine der bedeutendsten europäischen Schauspielerinnen, die es bis nach Hollywood schaffte. In einer Zeit, als Frauen noch ihre Männer um Erlaubnis fragen mussten, um arbeiten gehen zu dürfen, konnte sie „ihren Mann stehen“, begeisterte weltweit, eckte aber auch an. Sie war ihrer Zeit voraus, findet ihre Tochter Marie Theres Relin, die sogar noch eins draufsetzt: Sie war unserer Zeit voraus. Zu ihrem 100. Geburtstag am 15. Januar 2026 veröffentlicht Relin ein Buch mit dem Titel „Yes, we schell!“, in dem sie das Leben ihrer Mutter zwischen Hollywood und Heberthal bei Wasserburg beleuchtet.
Die „Tochter von“ zu sein, sei Segen und zugleich Fluch, erfuhr das Publikum in der Buch- und Hörbuchpremiere im Kultwerk des Immling-Festivals. Stehen auch Begegnungen mit David Bowie, Herbert von Karajan, Leonard Bernstein, Friedrich Dürrenmatt oder Mick Jagger an der Tagesordnung, so bedeutet eine Kindheit im Streulicht der prominenten Mutter zwangsläufig auch Verzicht. Licht und Schattenseiten, reizvoll und doch zuweilen unbequem, was sich metapherhaft als (ungewollter?) Running Gag in ihrer Garderobe auf der Bühne widerspiegelte: „Ich hatte den Schlitz nicht eingerechnet“, scherzte Relin im azurblauen Kleid – immer wieder bemüht, nicht zu viel Bein zu zeigen.
Im Verlauf ihrer Lesung nahm sie immer wieder direkten Kontakt zum Publikum auf – ein warmes, sehr nahbares Auftreten, das jene Distanz abschaffte, die sie nach dem Tod ihrer Mutter (2005) so dringend gebraucht hätte. Damals sah sie sich einer wahren Treibjagd von Fotografen und Journalisten ausgesetzt. Kein Platz für Trauer. Stattdessen ein entsetzlicher Spießrutenlauf bis zum Grab der Mutter: „Nackt bis auf die Seele“ fühlte sie sich. Marketing kennt kein Taktgefühl: „The show must go on!“
Sehr berührend und im krassen Gegensatz dazu war ein aufgezeichnetes (aber gelesenes) „Gespräch zwischen Mutter und Tochter“ (2004), in dem es um Gedanken über das Ende, um Dämmerzustände, das „Sich öffnen“ gegenüber Menschen und dem Wunsch, „Zwiesprache“ zu halten, wann immer man sich öffnen kann, geht – ein zutiefst menschlicher Austausch, der den Zuhörern unter die Haut ging.
Fassungslosigkeit machte sich hingegen bei der Lesung einer vernichtenden Rezension des Filmkritikers Karsten Peters breit: „Ein Höhepunkt des Medienmissbrauchs und Misogynie vom Feinsten“, heißt es im Buch – wurde doch Luchino Viscontis Film „Weiße Nächte“ (1957), um den es geht, immerhin mit dem Silbernen Löwen ausgezeichnet.
Zu dieser Lesung hätte der Song „True Colors“ im Anschluss nicht besser passen können – der Popsong von Cyndi Lauper (1986) wurde zur Hymne für Mut und Authentizität in der LGBT-Bewegung. Als musikalische Begleitung (Gesang und Gitarre) mit immer gut gewählten und zu den jeweiligen Themen passenden Songs, lockerte Michael Halberstadt zwischen den Textlesungen auf.
Wer sich nun denkt: „Yes, I Schell“, die Erinnerungen an unser „Seelchen“, der großen (also eigentlich ohne verniedlichendes -chen) Maria Schell wachhalten, dem sei Relins Buch – druckfrisch im Verlag Basic Erfolgsmanagement erschienen – ans Herz gelegt.
© Kirsten Benekam
Erschienen in PNP am 01.12.2025 und OVB am 03.12.2025
Foto Titel: Isabelle Girard de Soucanton
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